next up previous contents index
Nächste Seite: 5.2.3 Markttheorie, Transaktionskostentheorie und Aufwärts: 5.2 Teilbereich Wirtschaft Vorherige Seite: 5.2.1 Managementtheorien   Inhalt   Index

5.2.2 Theorie steigender Erträge

Die Betriebswirtschaftslehre geht davon aus, dass ein Produzent im Laufe der Zeit mit sinkenden Erträgen rechnen muss. Dies wird begründet durch eine Zunahme der Konkurrenz auf dem Markt, den der Produzent bedient. Weiterhin bestehen natürliche Beschränkungen, wie Rohstoffe, Boden und die Anzahl der Kunden. Durch diese Randbedingungen soll es keinem Produzenten möglich sein, sich langfristig in einem Markt festzusetzen und diesen zu dominieren, da ein neuer Konkurrent ihm die Marktposition immer wieder streitig machen wird.

Die Realität zeigt, dass dies nicht immer so ist. In der Weltwirtschaft haben sich eine Reihe von Großkonzernen gebildet, die in bestimmten Teilbereichen, wie z. B. bei Standardsoftwaresystemen, ein Quasi-Monopol innehaben.

Der amerikanische Wissenschaftler W. Brian Arthur entwickelte die Theorie der steigenden Erträge zur Klärung dieser Phänomene. (vgl. Art96) Er geht davon aus, dass im Bereich der Verarbeitung nichtmaterieller Güter die Gesetze der sinkenden Erträge nicht zwangsläufig gelten. Er bezieht seine Theorie speziell auf die informationsverarbeitende Wirtschaft. Dazu zählt nicht die Bewirtschaftung materieller Güter und die Bereitstellung von Dienstleistungen. Erreicht ein Anbieter in solch einem Markt die Vorherrschaft, kann diese nicht durch Konkurrenten einfach gebrochen werden. Aus der Vorherrschaft ergeben sich Vorteile, die die Marktposition des Anbieters sichern und weiter ausbauen. So kann der Anbieter z. B. eigene Standards vorschreiben oder durch Bündelung von verschiedenen Produkten für eine Migration der Kunden zwischen den Produkten sorgen. Weiterhin entstehen eine Vielzahl von kleinen Anbietern, die die zugrunde liegende Technologie des Marktführers stützen, da sie Synergieeffekte erwarten. Dadurch wird die vom Anbieter bereitgestellte Technologie attraktiver und zieht wiederum mehr Kunden an. Es entsteht eine positive Rückkoppelung im Sinne des Regelkreises. Durch die Beherrschung des Marktes durch den Anbieter kann er mit steigenden Erträgen rechnen, da im Bereich der Informationswirtschaft die Produktionskosten meist gegen Null streben und somit durch jede zusätzlich abgesetzte Einheit die Entwicklungskosten refinanziert werden können.

Arthur betont (Art96, S. 103f), dass die Marktbeherrschung des Anbieters durch neue Technologien gebrochen werden kann. Jeder Anbieter ist deshalb bestrebt, die nächste Technologiewelle frühzeitig zu identifizieren und möglichst zu besetzen. Allerdings hat der Marktführer den Vorteil, dass er einen entscheidenden Einfluss darauf hat, welche Technologie sich durchsetzen wird. Er kann die Technologie bei seinen Kunden einführen und somit bereits für eine breite Anwenderbasis sorgen, was den Erfolg der Technologie wesentlich erhöht.

Als Beispiel führt Arthur (Art96, S. 102) die Entwicklung auf dem Markt der Computer Betriebssysteme in den 80er Jahren an. Zu dieser Zeit gab es drei konkurrierende Technologien (CP/M, MS DOS, Mac OS). Bekanntermaßen setzte sich MS DOS durch, da es von IBM als Betriebssystem für den PC gewählt wurde. Da die IBM-Plattform frühzeitig einen großen Kundenkreis erreichte und dadurch sehr attraktiv für Entwickler wurde, konnte sich MS DOS durchsetzen, obwohl es technisch nicht die Beste der drei Technologien war. Später nutzte Microsoft, der Hersteller von MS DOS, seine Marktmacht, um seine Kunden auf MS Windows und MS Office zu migrieren. Durch die riesigen Absatzmengen von MS DOS und späteren Produkten, konnte Microsoft seine Entwicklungskosten unter einer Vielzahl von Kunden aufteilen und das gewonnene Kapital zur Entwicklung und Durchsetzung weiterer Technologien nutzen.

Die Theorie der steigenden Erträge hat aus Sicht der Informatik einen besonderen Reiz. Sie beachtet die besonderen Eigenschaften des Produktes und Produktionsmittels Information. Dadurch erscheint sie ein besseres Erklärungsmodell zu liefern, als die Übernahme von Theorien, die für die Bewirtschaftung materieller Güter mit materiellen Produktionsmitteln entworfen wurden.

Es fällt nicht schwer, die Begriffe der Synergetik25 auf die Theorie der steigenden Erträge anzuwenden. Die sich durchsetzende Technologie, und der zugehörige Anbieter, bilden einen ,,Ordner``. Eine Vielzahl von Kunden wird ,,versklavt``, diese und darauf aufbauende Technologien einzusetzen.


next up previous contents index
Nächste Seite: 5.2.3 Markttheorie, Transaktionskostentheorie und Aufwärts: 5.2 Teilbereich Wirtschaft Vorherige Seite: 5.2.1 Managementtheorien   Inhalt   Index
Sebastian Stein 2004-08-30