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4.3 Das neue Weltbild

Während das alte Weltbild konkret benannt werden kann, ist dies für das neue Weltbild nicht möglich, da es sich noch in der Entstehung befindet. Eine Reihe von Entwicklungen haben zu einer Änderung der grundlegenden Ansichten geführt, es ist allerdings schwer den Auslöser auf eine einzelne Person oder eine einzelne Theorie zu reduzieren.

Bereits bei Kant finden sich Anzeichen des Selbstorganisationsgedanken. (vgl. KK92) So akzeptierte Kant durchaus die Idee, dass die Entstehung des Kosmos durch die Newton-Mechanik beschreibbar ist, für die Entstehung von Leben hingegen konnte er dieser Idee nicht zustimmen.

Im 19. Jahrhundert deutete sich z. B. bei den Arbeiten von Boltzmann und Maxwell an, dass die Newton-Mechanik nicht allgemeingültig war. Allerdings wurde die Newton-Mechanik zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Frage gestellt. (PJS94, S. 5) Albert Einstein gelang mit seiner Allgemeinen Relativitätstheorie18 am Anfang des 20. Jahrhunderts eine Darstellung der Begriffe Zeit und Raum. Weiterhin konnte durch die Allgemeinen Relativitätstheorie die Newton-Mechanik auf den Makrokosmos übertragen werden. Wiederum schien die Newton-Mechanik prinzipiell bestätigt.

Max Planck legte im Jahr 1900 mit der Quantenhypothese19 die Grundlage der Quantentheorie. Nach der Quantenhypothese kann Energie nicht in beliebig kleine Mengen zerlegt werden. (Flä98, S. 90) Einige Jahre später bauten Nils Bohr und insbesondere Werner Heisenberg (Hei86) die Theorie weiter aus zur Quantenmechanik. Dabei formulierten sie die Unschärferelation, wonach Ort und Impuls eines Elementarteilchens niemals gleichzeitig genau bestimmt werden können. Die Unschärferelation konnte experimentell bestätigt werden. Wenn allerdings keine genaue Messung von Ort und Impuls möglich ist, kann der aktuelle Zustand eines Systems nicht umfassend bestimmt werden. Von dieser unvollständigen Datenlage kann dann allerdings ebenfalls die Zukunft des Systems nicht genau vorherbestimmt werden. Hier zeigt sich deutlich die Abkehr von der Newton-Mechanik. Dieses Problem lässt sich z. B. am Zerfall radioaktiver Teilchen nachvollziehen. Für eine große Menge radioaktiven Materials kann eine Halbwertszeit für den radioaktiven Zerfall angegeben werden. Es ist allerdings unmöglich, genau vorherzusagen, wann ein einzelnes radioaktives Teilchen zerfallen wird. Selbst Einstein akzeptierte die Vorstellung von Zufall als Basis der Quantenmechanik nicht, was sich an seinem Ausspruch ,,Gott würfelt nicht¡` zeigt. Man kann sagen, Einstein relativierte die Begriffe Zeit und Raum, Heisenberg ging einen Schritt weiter und relativierte den Begriff Kausalität (Ursache und Wirkung).

Eine Reihe von Wissenschaftlern suchte nach Gründen, warum sich die Welt zu stets komplexeren Ordnungen hin entwickelt, obwohl dies dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik widerspricht. Würden lediglich die physikalischen Naturgesetze wirken, würde im Laufe der Zeit jegliche Energie und Materie im Universum verbraucht und das Universum würde dem ,,Wärmetod`` zusteuern. In diesem Zusammenhang entstanden dann ab den 60er Jahren die bereits vorgestellten Erklärungsmodelle für Selbstorganisation, wie Synergetik und Autopoiesis.

Das neue Weltbild befindet sich noch immer in der Entstehung und es ist noch nicht absehbar, wie es weitergestaltet wird. Dennoch finden die Ideen von Selbstorganisation, Nicht-Determinismus und Nicht-Linearität bereits heute ihre Anwendung, was im folgenden Kapitel genauer gezeigt wird.


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Sebastian Stein 2004-08-30