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3.5 Zusammenfassende Vereinheitlichung

Die in diesem Abschnitt vorgestellten Theorien sind eine kleine Auswahl von verfügbaren Erklärungsmodellen für Emergenz. Dennoch kann man bei allen Theorien Parallelen erkennen. Chaostheorie und Synergetik scheinen sehr nah verwandt, eine Zuordnung der Begriffe Ordner und Attraktor sowie Phasenübergang und Bifurkation erscheint prinzipiell möglich.

Flämig (Flä98, S. 56ff) reduziert die Theorien auf Nicht-Linearität und Nicht-Determinismus. Die Nutzung des Begriffs Selbstorganisation lehnt er ab, (vgl. Flä98, S. 61) da durch eine zu breite Nutzung des Begriffs dieser an Aussagekraft verloren hat. (vgl. auch Kra96) Trotzdem wird in dieser Arbeit der Begriff Selbstorganisation weiterhin benutzt als begriffliche Zusammenfassung für Anpassung bzw. Strukturänderung durch kollektive Effekte, da im Gegensatz zu den Begriffen Nicht-Linearität und Nicht-Determinismus der Begriff Selbstorganisation weniger abstrakt ist. Weiterhin erfolgt in dieser Arbeit eine Übernahme und Anwendung der von Flämig vorgeschlagenen Begriffe Nicht-Linearität und Nicht-Determinismus.

Unter Nicht-Linearität wird in dieser Arbeit verstanden, dass trotz intensiver Analyse (noch) keine schlüssige Erklärung für die Abfolge von Systemzuständen gefunden werden kann. Das System scheint wahllos zwischen teils entgegengesetzten Systemzuständen zu springen. Bereits kleinste Änderungen im Anfangszustand können vollkommen verschiedene Endzustände hervorrufen.

Unter Nicht-Determinismus wird verstanden, dass trotz genauester Messung des Systemzustandes und der Kenntnis aller wirkenden Systemgesetze eine Vorhersage des Systemverhaltens über einen längeren Zeitraum unmöglich ist. Die Kenntnis aller Einzelschritte zwischen Anfangszustand und Folgezustand reicht nicht aus, um die Transformation vollständig zu beschreiben.

Als Grund für Nicht-Linearität wird die Vernetzung, und damit die Ermöglichung von Rückkoppelung, gesehen. Eine mathematische Beschreibung, z. B. mithilfe der Synergetik, führt zu nicht-linearen mathematischen Modellen. Der Nicht-Determinismus ist prinzipiell darauf zurückzuführen, dass der Eintritt mancher Systemzustände auf Zufall beruht. Zufall ist per Definition nicht vorhersagbar und somit kein darauf aufbauendes System.

In einem System, welches Nicht-Linearität und Nicht-Determinismus zulässt, kann Selbstorganisation auftreten. Um Emergenz in der Softwareentwicklung umsetzen zu können, muss Nicht-Linearität und Nicht-Determinismus in der Softwareentwicklung ermöglicht werden. Dazu ist es sinnvoll zu untersuchen, wie bereits in anderen Bereichen diese Forderung umgesetzt wird, um dann die Anwendung im Bereich Softwareentwicklung genauer studieren zu können. Da die Begriffe Nicht-Linearität und Nicht-Determinismus so fundamental sind, wird zunächst betrachtet, welches Bild bei einer aus nicht-linearen nicht-deterministischen Systemen zusammengesetzten Welt sich ergibt. Deshalb wird im nächsten Abschnitt untersucht, wie es zur Entwicklung eines Weltbildes basierend auf Nicht-Linearität und Nicht-Determinismus kam.


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Sebastian Stein 2004-08-30